Wanderung führt zur Ruine Granegg und der Beilsteinhöhle
Alle warten gespannt auf die Fachfrau, die im beruflichen Leben im Landratsamt Tuttlingen arbeitet. Ich erkenne schnell, dass sich die Oberpfälzerin in der Karstwelt der Schwäbischen Alb sehr gut auskennt. Sie gibt eine kurze Einführung zu den geologischen Besonderheiten der Schwäbischen Alb, erzählt vom reichhaltigen Leben im Jurameer und seinem kalkigen Schicksal in der Erdgeschichte, von dem wir heute noch viele Spuren entdecken können. Ganz mächtig seien die Meeresbewohner unter „Druck“ geraten und komprimiert worden.
Ein kleiner Ausflug zur afrikanischen Erdplatte und ihre leider furchtbaren Auswirkungen in den Ausläufen der Abruzzen dient dazu, die Auffaltung der Alpen und als Folgewirkung ebensolche der Schwäbischen Alb zu erklären. Gleichzeitig erläutert sie die zerstörerische Kraft des säurehaltigen Wassers, das im Kalkgestein über die Jahrmillionen Spuren hinterlassen hat, auf denen wir bei dieser Exkursion wandeln dürfen.
Ein Blick in den Abgrund
Dann geht`s strammen Schrittes, man bekommt fast das Gefühl, dass eine Ren(n)ate vorausläuft, in Richtung Ruine Granegg. Kurz und bündig macht sie auf kalkliebende Gewächse wie Aranzie und Fuchs-Kreuzkraut aufmerksam, bevor wir den „Michelstein“ erreichen. Dort plaudert die Fachfrau für naturwissenschaftliche Fragestellungen aus den Geschichtsakten dieser wunderschönen Anlage und spiegelt durch den Vortrag einer sagenhaften Erzählung auch die gesellschaftlichen Umstände dieser Zeit wieder. Aber dann geht es tatsächlich in die Hölle. Das ist eine riesige Doline an der Albkannte mit steil abfallenden Felswänden, die durch jahrtausendealte Wettereinflüsse ein riesiges Loch haben entstehen lassen. Während die einen den wunderschönen Ausblick auf Egesheim genießen, schlüpfen die anderen durch die engen Felspassagen und wagen einen mutigen Blick in den geologischen Abgrund.
Weiter geht es auf einem wunderschönen Waldweg zum eigentlichen Objekt unserer Begierde: der Beilsteinhöhle. Renate Market verspricht, dass sie alle in diese Höhle verfrachten könne, damit man sich selbst einen Eindruck von dieser über 90 Meter langen Karsterscheinung machen möge. Sie schafft das: Ausgestattet mit einer Stirnleuchte weist sie den Weg, damit auch die nicht so ganz trittfesten Teilnehmer, die meisten haben eine Handy-Taschenlampe dabei, ihren Fuß ins dunkle Felsenloch setzen können. Wie eine Klimaanlage wirkt die Höhle.
Alle sind beeindruckt vom ersten Teil, der gleichzeitig das Ende für die Exkursionsteilnehmer bedeutet, denn weiter geht es nur im Kriechgang, was den unterschiedlich ausgestatteten Höhlenforschern nicht zuzumuten ist.
Aber auch dieser erste Abschnitt beeindruckt. Wir staunen, als Market erzählt, wie vor Jahrmillionen diese Höhle von Bären, Vielfraßen, Nashörnern, Insekten und vielem weiteren Getier bewohnt worden ist. Wir sind beeindruckt, dass sich die Zackeneule, ein brauner Nachtfalter und die Höhlenspinne uns die Ehre erweisen, erschaudern aber darüber, dass sie sich in dieser kühlen Umgebung so wohl fühlen, obwohl wir uns langsam wieder nach der wärmenden Sonne sehnen. Allen hat dieser Ausflug in die karstige Welt der Schwäbischen Alb Spaß gemacht. Aber wie viel schöner war nachher die Sommersonne, von der wir doch so abhängig sind. Da überlassen wir doch gerne den Höhlenbewohnern ihren kalten Sehnsuchtsort.
Quelle: Schwäbische Zeitung 29.08.2016