Warum blieb die Lindach-Höhle bislang unbekannt?

Heimensteinhoehle

Die Charlottenhöhle kennt jeder – die Lindach-Höhle ist dagegen selbst in Bolheim eine unbekannte Größe geblieben. Warum das so ist?

Hürben hat die Charlottenhöhle. Bolheim hat die Lindach-Höhle. Die eine ist bekannt, die andere nicht. Das hat seinen Grund. Die Charlottenhöhle ist dank ihrer Tropfsteine eine touristische Attraktion, die andere ein unterirdisches Labyrinth ohne Schauwert, dessen Begehen zudem riskant ist. Deswegen ist der Eingang zur Lindach-Höhle auch verschlossen.

Bis in die 60er Jahre hinein wurden im Gewann Lindach Steine gebrochen. Zwei Steinbrüche an der Ugenhofer Straße geben heute noch Zeugnis davon. Der eine ist abgesperrt und wird als Lagerfläche genutzt, der andere ist seit wenigen Jahren wieder geöffnet und als Station des Urweltpfades ausgewiesen und einigermaßen hergerichtet.

Entdeckt wurde die Höhle im Jahr 1977. So weiß es der Heubacher Roger Schuster, der als erfahrener Höhlenkundler die Lindach-Höhle erst vor zwei Jahren mit Freunden „befahren“ hat – so der korrekte Fachbegriff. In den Folgejahren, so Schuster, sei die Lindach-Höhle vom Höhlen- und Heimatverein Laichingen auf eine Länge von 150 Metern erforscht und vermessen worden. Plan und Beschreibung der Höhle, welche als Naturdenkmal kartiert ist, wurden 1979 von Hermann Dürrschnabel in der Fachzeitschrift Laichinger Höhlenfreund publiziert und in Folge nochmals 1993 in dem Band „Karstlandschaft Schwäbische Ostalb“ veröffentlicht. „Die Dimensionen der Höhle sind sehr gut dokumentiert“, sagt Schuster.

In der Öffentlichkeit war die Lindach-Höhle aber bald wieder vergessen, wie sich Willi Pfalz, der damalige Ortsvorsteher in Bolheim, erinnert. Da man aber gewahr sein musste, dass spielende Kinder auf die Öffnung im Fels aufmerksam werden, wurde der Eingang versperrt, gleichzeitig aber durch das Einführen zusammen sechs Meter langen Betonrohre mit einem Durchmesser von einem Meter ein Einstieg in die Höhle gesichert. Idee war, so Pfalz, dass über einen offenen Schlitz in dem Schacht Fledermäuse hier ein Winterquartier finden. Ein entsprechendes Schild lässt sich noch heute erkennen, wenn man durch die schmale Öffnung schaut.

Uwe Heinzel und Peter Heinzelmann haben im Jahr 1982 in den Mitteilungen des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher in einem zweiseitigen Aufsatz dieses Höhlenschutz-Modell beschrieben.

Bilder aus der unterirdischen Welt liefern zwei im Internet dokumentierte Exkursionen. Eine siebenstündige Befahrung ist nachzulesen im Höhlenblog von Roger Schuster. Vier routinierte, bestens ausgestattete und im Klettern erfahrende Mitglieder einer im Raum Göppingen und Heubach angesiedelten Gruppe von Speleologen waren 2014 in die Höhle eingestiegen und erkundeten auf zumeist lehmigen Gründen, Schächte, Canyons und Hallen. Aufgrund des dafür gewählten Tages erhielt die Befahrung im Blog die Überschrift „Karsamstagsprozession.“

Wer keine exakte Kenntnis von der Lindach-Höhle hatte, hat sie bisher kaum finden können. Am Ort selbst lässt von außen nichts vermuten, dass hier es in die Tiefe geht. Jetzt aber ist die Höhle Teil eine Station des Im Mai 2011 eröffneten Urweltpfads. Auf einer Länge von acht Kilometern erschließt der Rundweg an Geologie Interessierten vom Wanderparkplatz Ugenhof aus 160 Millionen Jahre Erdgeschichte. Der Urweltpfad ist Teil des Unesco Geoparks Schwäbische Alb. Denn hier bei Bolheim findet sich geologische Vielfalt in einer Dichte wie kaum sonst in Deutschland. Das Mittelmeer hat hier einst Wellen geschlagen und die Urbrenz weitete sich in Feuchtgebieten aus.

Ein touristisches Höhlenerlebnis wie die Charlottenhöhle kann die Lindach-Höhle in keinster Weise nicht bieten. Auch für Roger Schuster ist sie aufgrund des Fehlens von Tropfsteinen zu unattraktiv, um Besucher anzuziehen. Entsprechend sei sie auch wenig bekannt. Aber man wird im Rathaus doch überlegen müssen, ob man deren Existenz weiter gänzlich „übersehen“ will oder ob die Höhle zumindest auf dem Urweltpfades thematisiert werden soll. Denn auch die Höhlen sind ein geologisches Phänomen, das im Besonderen die Schwäbische Alb kennzeichnet. Rund 2500 Höhlen sind hier bekannt – so viele wie in keiner anderen Region Deutschlands.

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