Wo die Fledermäuse fliegen

An diesem Wochenende findet die europäische Batnight statt – Höhlen der Laichinger Alb sind ihre Heimat

Laichingen sz Es gab Zeiten, in denen jagten Fledermäuse den Menschen Angst ein. Das ist vorbei. Heute lösen die kleinen Segler bei den Betrachtern vielmehr Faszination aus. Sogar streicheln geht. Vielerorts in ganz Europa rücken in den Abend- und Nachtstunden des kommenden Samstags Hufeisennase, Mausohr, & Co. wieder verstärkt in den Fokus: bei der europäischen Batnight. In den vergangenen Jahren beteiligte sich daran auch immer der Sontheimer Höhlenverein. Am Samstag aber nicht, weil der Höhleneingang erst jüngst renoviert worden ist. Wer im Dämmerlicht seine Augen aufmacht, der kann Fledermäuse dieser Tage trotzdem erspähen auf der Laichinger Alb.

Der Fledermaus-Hotspot auf der Laichinger Alb liegt ganz klar in Heroldstatt, besser gesagt rund um die Sontheimer Höhle. 500 Tiere hat der Sontheimer Höhlenverein in der Höhle im vergangenen Jahr gezählt – eine pralle Vielfalt, die bei der Fledermaus-Nacht (Batnight) 2015 auch zahlreiche Gäste bewundert haben. Aber nicht nur das: Sie durften eines der Tiere sogar streicheln, mitgebracht von einem Fledermausexperten.

Auch wenn es an diesem Samstag rund um die Sontheimer Höhle keine Batnight geben wird, weil der Eingang der Höhle erst jüngst neu gesichert worden war und nicht klar war, ob die Arbeiten rechtzeitig fertig werden: Die Fledermäuse, sie fliegen trotzdem. Die beste Zeit, Fledermäuse zu sichten, ist in der Dämmerung, ab 21 Uhr. Tagsüber schlafen sie den Schlaf der Gerechten.

„Im Sommer halten sich Fledermäuse nicht in den Höhlen auf, das nur im Winter“, sagt Bernhard Walter, Fledermaus-Experte aus Westerheim vom Höhlenverein der Westerheimer Schertelshöhle. In der Sommerzeit – von Frühjahr an bis Mitte November – zieht es Fledermäuse ins Freie, in „Natur-Unterkünfte“, wie es Bernhard Walter bezeichnet. Dazu zählen Bäume, Scheunen oder Felsvorsprünge. Rund 150 Fledermäuse hat der Westerheimer Höhlenverein zuletzt in der Schertelshöhle gezählt, unter ihnen Fledermäuse der Arten Großes und Kleines Mausohr, des Großen Abendseglers und des Kleinen Mops. Theoretisch wäre es sogar möglich, auch an der Westerheimer Höhle eine Batnight zu veranstalten, Bernhard Walter schränkt jedoch ein: „Uns fehlt es hierzu schlicht an Personen, die das stemmen könnten.“ Fledermäuse sind trotzdem zu sehen für Abendspaziergänger in Westerheim. Natürlich rund um die Höhle, vielmehr derzeit jedoch auch im Ort.

Soziale Tiere

Was ist das Faszinierende an den Tieren? Ganz „einfach“: Sie sehen mit ihren Ohren, fliegen mit ihren „Händen“ und rasen mit bis zu 880Herzschlägen pro Minute durch die Dunkelheit. Wer Fledermäuse in der Dämmerung entdecken will, muss aber sehr aufmerksam sein. „Einfacher geht es auf geführten Fledermauswanderungen, bei denen Interessierte die Tiere mit Hilfe von Ultraschall-Detektoren aufspüren können“, erklärt die bayerische Biologin Anne Schneider. Dabei mache der sogenannte „Bat-Detektor“ die ultrahochfrequenten Rufe der Tiere hörbar.

Sichtbar sind seit rund einem Jahr in Westerheim ganz besondere „Nistkästen“, es sind zwölf an der Zahl, aufgestellt vom Westerheimer Höhlenverein. Bernhard Walter bezeichnet die Kästen als „Sommerhäuser“ für Fledermäuse, sie sollen als Ersatz dienen, wenn die Tiere keine passende sonstige Natur-Unterkunft finden. Und einige der Kästen sind größer als andere – „da sind Kindergärten drin“, verrät Bernhard Walter. Kinder- was? Kindergärten für Fledermäuse, genau. Walter erklärt: „Bei Fledermäusen ist es üblich, dass sich mehrere Mütter-Fledermäuse gemeinsam um den Nachwuchs kümmern.“ Soziale Tiere also. So wirklich bewohnt seien die Kästen in Westerheim allerdings noch nicht. „Es dauert drei bis vier Jahre, bis Fledermäuse die annehmen“, sagt Bernhard Walter.

Auch in der Laichinger Tiefenhöhle sind Fledermäuse den Winter über heimisch. Jedoch lang nicht so viele wie in Westerheim oder Heroldstatt. „Vielleicht gerade einmal zehn“, schätzt Rolf Riek vom Laichinger Höhlenverein. Dies liege daran, so Riek, dass die beiden anderen Höhlen jeweils natürliche Zugänge besäßen, durch die die Höhlen den Fledermäusen schon seit vielen, vielen Jahren zugänglich sind. Die Laichinger Tiefenhöhle hingegen besitzt nur ein kleines Loch, durch das die Tiere hindurch schlüpfen müssen. „Früher war es noch schmaler, da mussten die Tiere sogar durch das Loch krabbeln“, sagt Riek. Und dieses Krabbeln auf dem Boden barg eine Bedrohung für die Tiere: in Gestalt von Katzen. „Früher haben wir aber noch öfters Fledermaus-Flügel gefunden. In diesem Fall hatte sich wohl eine Katze das Tier geholt.“ So wirklich kann man den Katzen jedoch keinen Vorwurf machen, immerhin steckt in einer Fledermaus – zumindest nach der Bezeichnung durch den Menschen – ein Stückchen Maus mit drin. Alle Fledermäuse allerdings, die Katzenattacken unbeschadet überstehen, denen kann eines vergönnt sein: ein wirklich langes Leben. Laut Bernhard Walter können die Tiere bis zu 60 Jahre alt werden.

Eine Exkursion für Kinder und Jugendliche zu den „geheimnisvollen Jägern der Nacht“ bietet der BUND Laichingen am Freitag, 9.September, an, im Rahmen des Ferienprogramms der Stadt Laichingen (zwecks Anmeldung). Von 19 bis 21 Uhr werden mit Katja Groner am Blautopf Fledermäuse mit Hilfe eines Detektors aufgespürt, der ihre Ultraschallrufe hörbar macht. Es gibt viel Wissenswertes über die Tiere zu erfahren, die Kinder schlüpfen auch spielerisch in die Rolle einer Fledermaus. Treffpunkt an der Hammerschmiede am Blautopf. Gebühr: vier Euro.

Quelle: Schwäbische.de 25.8.2016

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